Reinhold Vasters war ein deutscher Goldschmied, insbesondere für liturgisches Gerät, aber er war auch ein Kunstfälscher, der unzählige Kunstwerke „meisterhaft“ gefälscht hat.
Sein Leben
Reinhold Vasters wurde am 2. Januar 1827 in Erkelenz geboren. Die Großeltern stammten aus Flassenberg, es handelt sich um Johann Anton Vasters (1764 -1841) und Anna Gertrud Eßer (* in Erkelenz). Dieser war Stellmacher, sein Sohn Peter Franz Anton (1794-1835) war Schlosser, er heiratete am 22. August 1825 in Crefeld Anna Maria Nauenheim (* 1803 in Krefeld), sie sind die Eltern von Reinhold. Der Vater hatte sein Geschäft am Johannismarkt in Erkelenz. Nur drei Jahre nach der Geburt seines einzigen Sohnes verstarb seine Frau. Fünf Jahre später heiratete er erneut, da aus der Verbindung mit Anna Christina Wilhelmina Hecker (1804-1859) eine Tochter, Johanna Gertrud, hervorgehen sollte, die zwei Monate nach der Heirat geboren wurde. Das tragische an der Geschichte ist, dass der Vater da bereits verstorben war, denn er ist am 01. Mai 1835, sechs Tage nach der Hochzeit in Erkelenz, verschieden. Reinhold war damit im Alter von acht Jahren bereits Vollwaise. Er kam zu seinem Onkel Peter Anton Reiner Vasters (1789-1865), der ebenfalls in Erkelenz wohnte, in Obhut, der war von Beruf Stellmacher.1
Sein Vater, mit Haus-, Werkstatt- und Grundbesitz in Erkelenz und Umgebung, hinterließ bei seinem Tod Reinhold Vasters u. a. Bargeld, sodass er 1844 als Siebzehnjähriger 500 Thaler an zwei Parteien verleihen konnte. Weiteres Geld brachte der Verkauf der Immobilien aus dem väterlichen Nachlass.
Es ist durchaus möglich, dass Vasters eine Ausbildung bei dem seit 1834/35 in Erkelenz tätigen Goldschmied Johann Friedrich Woltz erhielt. Genaues ist aber nicht bekannt.
Irgendwann nach dem Juni 1844 verließ Vasters Erkelenz und im November 1849 ist er laut der Abtretungsakte einer der gewährten, oben genannten Kredite, „Goldarbeiter zu Crefeld“. Demnach war seine Ausbildung, in diesem Jahr bereits abgeschlossen. Sein Wohnsitz und sein Meister waren nicht zu ermitteln, aber einer der im fraglichen Zeitraum ansässigen und ausbildenden Goldschmiede dürfte Vasters zum Meister ausgebildet haben.2
Zwischenzeitlich vertiefte er seine Fertigkeiten in renommierten Werkstätten in London, Paris und Wien, wahrscheinlich finanziert durch seine Erbschaft. Einige seiner während dieser Zeit entstandenen Gegenstände stellte er auf der Weltausstellung 1851 in London aus und errang dabei für neun von ihm gefertigte, in Gold getriebene, große Staatswappen den ersten Preis.3
Im Jahre 1851 legte Vasters seine Meisterprüfung -wahrscheinlich noch in Krefeld – ab und zog danach nach Aachen. 1853 ließ er sich in Aachen als Goldschmied eintragen und wurde im selben Jahr von Kanonikus Bock zum Restaurator der Aachener Domschatzkammer ernannt, was ihm die Ernennung zum „Stiftsgoldschmied“ einbrachte.4 Laut Kanonikus Franz Bock soll er zu Beginn der fünfziger Jahre mit Heinrich Joseph Viethen (geb. am 06.10.1823) eine gemeinsame Werkstatt betrieben haben, was in Archiven nicht nachzuweisen ist. Vieten stammte wie Vasters aus Erkelenz und anscheinend bestand eine freundschaftliche Beziehung: Vasters war am 09. Juni 1862 Taufpate bei Viethens Kind Maria Reinhold. 5 Irgendwann beendeten sie die gemeinsame Werkstatt. Im Adressverzeichnis von 1858 sind beide unter eigener Adresse eingetragen – die geschäftliche Trennung fand also vor 1858 statt.6
Im Jahre 1897 würdigte der Aachener Ehrenstiftsherr Dr. Franz Bock, ein exzellenter Kenner der sakralen Kunst, die Aachener Goldschmiede und erwähnte u.a. Reinhold Vasters und Heinrich Joseph Viethen. 7
1855 heiratete Vasters Anna Chatharina Josepha Hamacher, die aus Düsseldorf stammte. Das Paar hatte drei Kinder.
Im Alter von 82 Jahren verstarb er am 14. Juni 1909 an einem Schlaganfall in Aachen.
Der Goldschmied
Anfangs der Aachener Zeit erwarb sich Vasters einen Ruf als Gold- und Silberarbeiter, spezialisiert auf liturgisches Gerät im romanischen und gotischen Stil. Dazu zwei Beispiele:
Zwei neugotische Kelche, datiert 1867, Silber vergoldet, H. 20,6 cm, 21 cm. Oberkrüchten, Katholische Kirche 8
Rechnung von R. Vasters, Goldarbeiter, Jacobstraße 26,
Aachen, signiert und datiert 24. April 1867, für „zwei gotische KeIche nebst Patenen und Löffelchen in Silber und zwei
Etuis“.9
Ausgestellt ist die Rechnung für den Vikar Baldsiefen aus Erkelenz, der fünf Jahre Kaplan an Sankt Lambertus war. Es könnte sich dabei um die beiden vorher erwähnten Kelche handeln.
Vasters: Kopf eines Bischofsstabs, angefertigt für Bischof Leopold Pelldram von Trier, 1865, nach einem Entwurf von Hugo Schneider. Vergoldetes Silber, Filigran und Emaille, Höhe 45 cm.
Trier, Domschatz (Foto: D. Thomassin, Trier)10
Vasters war auch in bedeutenden Kunstausstellungen vertreten. Der Kontakt zu dem Kunsthändler Frédéric Spitzer aus Wien, der u. a. in Aachen einen regen Kunst- und Antiquitätenhandel betrieb, spielte dabei eine besondere Rolle. Durch ihn wurde Vasters sowohl 1865 die Teilnahme an der Kunstausstellung im Museum für Angewandte Kunst Wien ermöglicht als später auch der Vertrieb seiner Imitate.
Der Kunstfälscher
Dank seiner exzellenten Fertigkeiten und seiner guten Beobachtungsgabe während seiner Besichtigungsreisen zu den verschiedenen Fachausstellungen, aber auch durch das Studium der umfangreichen von ihm erworbenen Literatur, entwickelte sich bei Vasters bereits früh der Hang, wertvolle Schmuckstücke als Imitate im Stil der Renaissance anzufertigen. Vasters hatte, gemeinsam mit dem Pariser Goldschmied Alfred André, in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. täuschend echte Nachschöpfungen historischer Goldschmiedearbeiten gefertigt, die als Renaissance-Schmuck in berühmte Sammlungen gelangten.11
Vasters war stets bemüht, „seine Vorbilder zu übertrumpfen, um den hochgespannten Ansprüchen seiner Abnehmer entgegenzukommen.“ Dabei behandelte er seine Arbeiten mit gefälschten Tremolierstichen, künstlichen Altersspuren, absichtlichen Ergänzungen, gefälschten und teilweise unlesbaren Marken, um so jeweils das Alter und die Herkunft des jeweiligen Gegenstandes vorzutäuschen. In dieser Zeit entwickelte Vasters ein reges Doppelleben: Zum einen war er in seinem Aachener Wohn- und Werkstatthaus öffentlicher und direkter Ansprechpartner für offizielle in- und ausländische Auftraggeber, vor allem für sakrale Kunstgegenstände sowie für umfangreiche Restaurierungsarbeiten an Kirchenschätzen, zum anderen, meist kontaktiert über Mittelsmänner von bekannten Kunstsammlern, als Hersteller wertvoller, aber gefälschter Sammlerstücke.12
Siebzig Jahre nach seinem Tod ließ es sich anhand von gefundenen Entwurfszeichnungen im Londoner Victoria & Albert Museum beweisen, dass beispielsweise zahlreiche dort ausgestellte Exponate des damals kursierenden „Renaissance-Schmucks“ sowie mindestens 45 weitere aus dem New Yorker Metropolitan Museum of Art von seiner Hand stammten. Auf der Internetseite des Museums sind zahlreiche Werke abgebildet.13
Vasters verdiente mit dem Verkauf seiner Fälschungen bereits zu Lebzeiten ein beachtliches Vermögen. Seine der Fälschung „verdächtigten“ Werke sind mittlerweile in einem Konvolut von über 1000 Einzelteilen zusammengefasst, wobei aber weltweit eine bedeutend größere Anzahl seiner bisher noch nicht entdeckten und zugeordneten Fälschungen bei Privatsammlern oder auf verschiedene Museen verteilt sein müssten.14
In ihrer Dissertation von 2003 hat Miriam Krautwurst sehr umfangreich die Fälschungen von Vasters beschrieben und bebildert – https://ubt.opus.hbz-nrw.de/opus45-ubtr/frontdoor/deliver/index/docId/205/file/Reinhold_Vasters.pdf (Stand: 12.08.2025)
In einem Bericht im „Spiegel“ vom 29.01.1985 wird u. a. Folgendes geschrieben: „Derart perfekt sind die Fälschungen, die Vasters als echte Stücke verkauft und damit ein Vermögen gemacht hatte, daß selbst Experten sie nur dann von Originalen unterscheiden können, wenn sie die Kunstwerke auseinandernehmen. Demnächst freilich soll der begnadete Fälscher zum Künstler geadelt werden: »Weil seine Arbeiten von derart enormer Qualität und großer Schönheit sind«, will das Metropolitan Museum eine Ausstellung mit Vasters-Werken zeigen„.15
Beispiele für seine Fälschungen:
Mitte der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts wurde der Goldschmied Reinhold Vasters, der seit 1853 als Restaurator am Münsterschatz in Aachen arbeitete, mit der Restaurierung einer originalen Mantelschließe beauftragt. Das Original dieser Chormantelschließe befindet sich noch heute im Aachener Münsterschatz. Sie wird dem Künstler Hans von Reutlingen zugeschrieben und datiert in die Zeit um 1500. Vasters war in den 1860er bis 1870er Jahren aktiv und hatte, wie man heute durch langwierige Forschung weiß, nicht nur nach eigenem Entwurf Schmuck und kirchliches Gerät produziert, sondern auch Kopien historischer Stücke angefertigt.
Im Zuge dieser Restaurierung wurden gleich mehrere Kopien des Stückes angefertigt, die kurze Zeit später auf dem Kunstmarkt oder in Sammlungen als „Objekt mittelalterlicher Goldschmiedekunst“ auftauchten.
Die Chormantelschließe mit der Darstellung der thronenden Madonna mit Kind, umgeben von einem knienden Donator und zwei stehenden Aposteln, wurde schon bei der Übernahme der Sammlung Culemann 1887 als Fälschung erkannt und kurze Zeit später zusammen mit anderen Fälschungen ausgestellt. Ein an der Rückseite angebrachter Tremolierstrich, der lange Zeit (noch im 19. Jahrhundert) als Garantie für die Echtheit eines Gegenstandes galt, zeigt, dass das Objekt in fälschlicher Absicht hiermit versehen wurde. Der Tremolierstrich ist eine zickzack eingegrabene Linie mit der üblicherweise eine Materialprobe entnommen wurde, um den Feingehalt bei Gold- und Silberarbeiten zu bestimmen.
Ein Gutes aber hat diese Fälschung: Da das Original durch verschiedene Restaurierungen sehr in Mitleidenschaft gezogen und die Darstellung stark verändert wurde, lassen sich mit Hilfe der „Kopie“, die in betrügerischer Absicht hergestellt wurde, am Original Details rekonstruieren. (CC)
Ehem. Sammlung Friedrich Culemann, Hannover16
In ihrer Dissertation – a. a. O – befasst sich Miriam Krautwurst sehr intensiv mit der Chorschließe, siehe Seite 35ff
Zu den – handwerklich exzellenten – Vasters-Werken gehört auch die berühmte Rospigliosi-Schale, von der angenommen wurde, sie stamme von dem Renaissance-Goldschmied Benvenuto Cellini.
Goldemailleanhänger im Renaissancestil nach einem spanischen Pilgeranhänger des frühen 17. Jhs., basiert auf einem Aquarell, das zu einem Konvolut von Goldschmiedeentwürfen gehört, die sich in der Bibliothek des Victoria & Albert Museums befinden (E. 4843-1919). Der Fund hatte die deutsche Kunsthistorikerin Miriam Krautwurst auf die Spur des Aachener Goldschmieds und Chefrestaurators des dortigen Domschatzes, Reinhold Vasters, gebracht.
Dieser hatte, gemeinsam mit dem Pariser Goldschmied Alfred André, in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. täuschend echte Nachschöpfungen historischer Goldschmiedearbeiten gefertigt, die als Renaissance-Schmuck in berühmte Sammlungen gelangten.17
Reinhold Vasters – in Erkelenz vollkommen vergessen – hat Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts in der europäischen Kunstszene eine bedeutende Rolle gespielt. Seine Werke sind heute noch in den Archiven einiger berühmter Museen, z. B. Metropolitan Museum of Art, New York –https://www.metmuseum.org/met-publications/reinhold-vasters-goldsmith-the-metropolitan-museum-journal-v-19-20-1984-1985 (Stand: 12.08.2025) – oder Victoria and Albert Museum, London –https://www.vam.ac.uk/search?q=reinhold+vasters&astyped=* (Stand: 12.08.2025) – und zahlreichen Privatsammlungen.18
- Freundlicher Hinweis von Dietmar Schmitz, Wegberg
- Dissertation Miriam Krautwurst, 2003, https://ubt.opus.hbz-nrw.de/opus45-ubtr/frontdoor/deliver/index/docId/205/file/Reinhold_Vasters.pdf (Stand: 12.09.2025)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhold_Vasters (Stand: 12.08.2025)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhold_Vasters (Stand: 12.08.2025)
- Eintrag im Taufregister von St. Nikolaus in Aachen
- Dissertation Miriam Krautwurst, 2003, https://ubt.opus.hbz-nrw.de/opus45-ubtr/frontdoor/deliver/index/docId/205/file/Reinhold_Vasters.pdf (Stand: 12.08.2025)
- siehe Ursula Demand, Dissertation 1999, Seite 6, imap://guenther.merkens%40gmx.de@imap.gmx.net:993/fetch%3EUID%3E/INBOX%3E166947?part=1.2&filename=Demand_Ursula-3_250922_174852.pdf&type=application/pdf
- Yvonne Hackenbroich: Reinhold Vasters, Goldsmith. In: Metropolitan Museum Journal. Band 19/20, 1984/85, S. 165
- Yvonne Hackenbroich: Reinhold Vasters, Goldsmith. In: Metropolitan Museum Journal. Band 19/20, 1984/85, S. 166
- Yvonne Hackenbroich: Reinhold Vasters, Goldsmith. In: Metropolitan Museum Journal. Band 19/20, 1984/85, S. 167
- Siehe Krautwurst, Reinhold Vasters, ein niederrheinischer Goldschmied des 19. Jhs. in der Tradition Alter Meister, Sein Zeichnungskonvolut im Victoria und Albert Museum London, Trier 2003, S. 144 f, A13. Reinhold Vasters und https://ubt.opus.hbz-nrw.de/opus45-ubtr/frontdoor/deliver/index/docId/205/file/Reinhold_Vasters.pdf (Stand: 12.08.2025)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhold_Vasters (Stand: 12.08.2025)
- https://www.metmuseum.org/art/metpublications/Reinhold_Vasters_Goldsmith_The_Metropolitan_Museum_Journal_v_19_20_1984_1985 oder [fussnote]https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Reinhold_Vasters?uselang=de (Stand: 12-09.2025)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhold_Vasters (Stand: 12.08.2025)
- https://www.spiegel.de/politik/vom-faelscher-zum-kuenstler-a-2f4603f3-0002-0001-0000-000013510945?context=issue (Stand: 12.08.2025)
- https://themator.museum-digital.de/object/1023/1025/10235? (Stand: 12.08.2025)
- http://liv-nrw.de/reinhold-vasters-vita/ (Stand: 12.08.2025)
- Text von Günther Merkens 2025 für den Heimatverein der Erkelenzer Lande e. V. unter Verwendung von Informationen in den angegeben Quellen
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